Deutschland ist das Eldorado für Einbrecher

Deutschland ist das Eldorado für Einbrecher

In Deutschland wird alle vier Minuten eine Wohnung oder ein Haus aufgebrochen. Laut einer neuen Kriminalstatistik stieg die Zahl der Wohnungseinbrüche um fast neun Prozent – viele passieren tagsüber. Von Martin Lutz

 
Einbruchstatistik
Einbruchstatistik

Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland ist deutlich gestiegen. Nach der neuesten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2012, die der „Welt am Sonntag“ vorliegt, nahmen solche Delikte im vergangenen Jahr bundesweit um 8,7 Prozent auf 144.117 Fälle zu. Davon wurde in 61.200 Fällen tagsüber eingebrochen – ein Plus von 9,5 Prozent. Beim Wohnungseinbruch gehen die Zahlen seit 2009 kontinuierlich nach oben. Bezogen auf dieses Jahr beträgt die Steigerungsrate fast 30 Prozent. In Deutschland wird alle vier Minuten eine Wohnung oder ein Haus aufgebrochen. Die Zahl der Raubüberfälle in Wohnungen (3025 Fälle) nahm um 3,9 Prozent zu. Die Täter gehen teilweise immer brutaler vor. Manche Opfer werden geknebelt, gefesselt und geschlagen. Die Geschädigten leiden oft noch Monate nach der Tat an Panikattacken und Schlaflosigkeit.

Enormer materieller Schaden

Die deutschen Hausratsversicherer beklagen den enormen materiellen Schaden. Sie zahlten im vergangenen Jahr rund 470 Millionen Euro Schadenersatz, das sind 50 Millionen Euro oder zwölf Prozent mehr als 2011. Diese Zahlen bestätigt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf Basis einer ersten Auswertung der Daten für 2012. „Die neuesten Zahlen sind alarmierend. Die Kosten für Einbruchschäden haben mit rund 470 Millionen Euro einen neuen Rekord erreicht“, sagte Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der GDV-Hauptgeschäftsführung, der „Welt am Sonntag“.

Einbruchentwicklung
Einbruchentwicklung

Die Schadensumme sei hoch, weil sich „in immer mehr Haushalten teure elektronische Geräte wie Laptops, Tablet-PCs und Smartphones befinden“. Der GDV beziffert die durchschnittliche Schadensumme auf 3300 Euro pro Einbruch (Vorjahr 3050 Euro). Die Täter bleiben meist unerkannt. Während die Aufklärungsquote bei der Gesamtkriminalität 54,4 Prozent (minus 0,3 Prozent) beträgt, liegt sie beim Wohnungseinbruch nur bei 15,7 Prozent (minus 0,5 Prozent). Ein Grund sind laut Experten Einsparungen in den Bundesländern. Viele Einbruchskommissariate wurden personell ausgedünnt. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) bezeichnet Deutschland als „Eldorado für Einbrecher“. „Die Täter gehen weiterhin glücklichen Zeiten entgegen“, sagte der Vorsitzende André Schulz, der „Welt am Sonntag“. Es fehle fast überall kriminalistisch ausgebildetes Personal für eine „qualifizierte Tatort-, Ermittlungs- und Analysearbeit“.

Oft sind Täter in Banden organisiert

Einen Großteil der Einbrüche würden Banden verüben. „Doch unseren Beamten bleibt oftmals nur der polizeiintern sogenannte Beileidsbesuch bei den Geschädigten und die statistische Erfassung der Tat“, sagte Schulz. Ein Grund dafür seien Personaleinsparungen. Mehrere Landesinnenminister hätten aus der früher leistungsfähigen Kriminalpolizei eine „Einheitspolizei“ gemacht. „In einigen Bundesländern gibt es gar keine klassische Kripo mehr. Das wissen aber nur die wenigsten. Die Rechnung für diesen Irrsinn zahlen jetzt die Bürger“, so Schulz. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will die Polizeiliche Kriminalstatistik offiziell am kommenden Mittwoch in Berlin vorstellen. Die PKS 2012 weist nach Informationen der „Welt am Sonntag“ insgesamt 5,997 Millionen polizeilich erfasste Straftaten aus, was ein minimaler Anstieg um 0,1 Prozent ist. Die Gesamtkriminalität liegt seit dem Jahr 2010 knapp unterhalb der Sechs-Millionen-Marke. Quelle: DIE WELT vom 11.05.2013